THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml im Straßenverkehr vorgeschlagen

In Deutschland bahnen sich wichtige Änderungen im Umgang mit dem Konsum von Cannabis im Straßenverkehr an.

Neugestaltung der THC-Grenzwerte für Autofahrer

THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml im Straßenverkehr vorgeschlagen
THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml im Straßenverkehr vorgeschlagen

Ein neues Cannabisgesetz, welches kürzlich durch den Deutschen Bundestag beschlossen wurde, markiert einen Wendepunkt in der Bewertung des Einflusses von Tetrahydrocannabinol (THC) – dem aktiven Bestandteil von Cannabis – auf die Fahrtüchtigkeit. Im Zentrum der Debatte steht ein spezifischer Grenzwert von THC im Blut, der künftig das Maß für die Beurteilung der Fahrsicherheit darstellen soll.

Bei dem vorgeschlagenen Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum handelt es sich nach Ansicht der Experten um einen konservativen Ansatz, der vom Risiko vergleichbar sei mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille. THC im Blutserum ist bei regelmäßigem Konsum noch mehrere Tage nach dem letzten Konsum nachweisbar. Daher soll mit dem Vorschlag eines Grenzwertes von 3,5 ng/ml THC erreicht werden, dass – anders als bei dem analytischen Grenzwert von 1 ng/ml THC – nur diejenigen sanktioniert werden, bei denen der Cannabiskonsum in einem gewissen zeitlichen Bezug zum Führen eines Kraftfahrzeugs erfolgte und eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeugs möglich ist.

Einblick in die gesetzlichen Neuerungen

Das Cannabisgesetz, welches vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) initiiert wurde, trägt den amtlichen Titel § 44 Konsumcannabisgesetz (KCanG) und wurde am 23. Februar 2024 verabschiedet. Es beauftragt eine vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) berufene Arbeitsgruppe mit der Aufgabe, bis zum 31. März 2024 einen wissenschaftlich fundierten Vorschlag für einen THC-Grenzwert im Blut vorzulegen. Dieser Wert soll die Grenze definieren, ab der die Fähigkeit zur sicheren Teilnahme am Straßenverkehr nicht mehr gegeben ist.

Die Rolle der Expertenkommission

Zur Erfüllung dieser Aufgabe wurde im Dezember 2023 eine interdisziplinäre Expertengruppe ins Leben gerufen. Diese setzt sich aus Fachleuten der Medizin, des Rechts, der Verkehrspsychologie sowie der Polizei zusammen. Ihr Ziel war es, auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse eine Empfehlung für einen gesetzlichen THC-Grenzwert zu formulieren.

Empfehlungen der Expertengruppe

Die Experten empfehlen die Einführung eines gesetzlichen Wirkungsgrenzwertes von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Dieser Wert soll einerseits sicherstellen, dass die Verkehrssicherheit nicht durch den Einfluss von Cannabis beeinträchtigt wird, andererseits aber auch verhindern, dass Personen ungerechtfertigt sanktioniert werden, bei denen der Konsum von Cannabis keinen aktuellen Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit hat.

Mischkonsum und Kontrollmaßnahmen

Ein besonderes Augenmerk legt die Arbeitsgruppe auf die Risiken des Mischkonsums von Cannabis und Alkohol. Hierfür wird ein absolutes Alkoholverbot am Steuer für Cannabiskonsumenten vorgeschlagen. Ferner betonen die Experten die Bedeutung von Speicheltests als effektive Vorscreening-Methode, um den aktuellen Konsum von Cannabis nachweisen zu können.

Kontext und Ausblick

Der vorgeschlagene Grenzwert von 3,5 ng/ml soll eine Balance schaffen zwischen der Verkehrssicherheit und der Vermeidung von ungerechtfertigten Strafen für Cannabiskonsumenten. Die Experten vergleichen diesen Wert mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille, um seine Verhältnismäßigkeit zu unterstreichen. Darüber hinaus ist der vorgeschlagene Grenzwert so gewählt, dass er nur jene Personen erfasst, bei denen ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Fahrtüchtigkeit besteht.

Der Weg zur Gesetzesänderung

Um den empfohlenen Grenzwert rechtlich zu verankern, ist eine Anpassung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) notwendig. Dies betrifft insbesondere den Paragraphen 24a, der die rechtlichen Grundlagen für die Sanktionierung von Drogenkonsum im Straßenverkehr regelt.

Die Zusammensetzung der Expertengruppe mit renommierten Fachleuten unterstreicht die Bedeutung, die der Thematik beigemessen wird. Unter anderem waren beteiligt:

Prof. Dr. med. Markus Backmund und Dr. med. Maurice Cabanis, die auf die Behandlung von Suchterkrankungen spezialisiert sind.

Prof. Jan Ramaekers, ein Experte in Psychopharmakologie und Neuropsychologie.
Dr. med. Franjo Grothenhermen und Prof. Lorenz Böllinger, die sich beide intensiv mit den rechtlichen und medizinischen Aspekten von Cannabis auseinandersetzen.
PD Dr. rer. nat. Stefanie Iwersen-Bergman, die ihre Expertise in der Toxikologie einbringt.
Thomas Seidel, der sich aus der Perspektive der Verkehrspolizei mit der Materie befasst.
Ihre Empfehlungen und der Austausch mit Vertretern des BMDV, des BMG sowie der Bundesanstalt für Straßenwesen und anderen involvierten Stellen legen den Grundstein für eine sachliche und evidenzbasierte Diskussion über den Umgang mit Cannabis im Straßenverkehr.

Zukunft der Cannabispolitik im Verkehrswesen

Diese Entwicklungen zeigen einen fortschrittlichen Ansatz im Umgang mit Cannabis-Konsumenten im Straßenverkehr. Die Ausarbeitung und Implementierung eines wissenschaftlich fundierten THC-Grenzwertes dient der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer, während gleichzeitig ein gerechter und realitätsnaher Umgang mit dem Thema Cannabis angestrebt wird. Die Empfehlungen der Expertengruppe sind ein wichtiger Schritt zur Klärung der rechtlichen Situation für Cannabiskonsumenten und zur Förderung der Verkehrssicherheit.

Bedeutung für die Gesellschaft und den Einzelnen

Mit der Einführung des empfohlenen Grenzwertes eröffnet sich die Möglichkeit, den Konsum von Cannabis und die Teilnahme am Straßenverkehr in ein ausgewogenes Verhältnis zu setzen. Es geht nicht nur um die Prävention von Unfällen, sondern auch um die Vermeidung von ungerechtfertigter Kriminalisierung von Personen, die Cannabis konsumieren. Der vorgeschlagene Grenzwert und die dazugehörigen Maßnahmen könnten als Vorbild für einen rationalen und menschenrechtsorientierten Umgang mit Drogenkonsum im Allgemeinen dienen.

Die Rolle von Aufklärung und Prävention

Neben der Festlegung von Grenzwerten und der Durchführung von Kontrollen ist die Aufklärung über die Risiken des Drogenkonsums, insbesondere in Verbindung mit der Teilnahme am Straßenverkehr, von entscheidender Bedeutung. Präventive Maßnahmen und Bildungsinitiativen spielen eine wichtige Rolle dabei, das Bewusstsein für die Gefahren von Mischkonsum und die Bedeutung von Verantwortung im Straßenverkehr zu schärfen.

Die Herausforderungen bei der Umsetzung

Die Umsetzung der Empfehlungen der Expertengruppe und die Integration des neuen Grenzwertes in die bestehende Gesetzeslage werden nicht ohne Herausforderungen sein. Die Genauigkeit der Messverfahren, die Schulung des Personals für Kontrollen und die gesellschaftliche Akzeptanz der neuen Regelungen sind nur einige der Punkte, die in der nächsten Zeit angegangen werden müssen.

In der Gesamtschau ist die Neuregelung der THC-Grenzwerte im Straßenverkehr ein Beispiel für eine evidenzbasierte und pragmatische Drogenpolitik. Sie berücksichtigt sowohl die Rechte der Einzelnen als auch die Sicherheit der Allgemeinheit. Die kommenden Schritte werden zeigen, wie erfolgreich diese Neuerungen in der Praxis umgesetzt werden können und welchen Einfluss sie auf die Sicherheit im Straßenverkehr und das gesellschaftliche Zusammenleben haben werden.

Quelle / Infos: https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Pressemitteilungen/2024/018-expertengruppe-thc-grenzwert-im-strassenverkehr.html?nn=13326

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Autor und Bild: Canna-Chad Gregor Paul Thiele

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