Seit dem 1. April 2024 ist in Deutschland das neue Cannabisgesetz in Kraft, das es volljährigen Bürgerinnen und Bürgern erlaubt, unter bestimmten Voraussetzungen Cannabis zu konsumieren und in begrenztem Rahmen auch selbst anzubauen.
Einordnung des aktuellen Cannabis-Gesetzes

Gesetzliche Grundlagen und Geltungsbereich
Das Gesetz stellt damit einen historischen Wendepunkt in der deutschen Drogenpolitik dar. Es erlaubt volljährigen Personen unter anderem den Anbau von bis zu drei Cannabispflanzen in der eigenen Wohnung sowie die private Aufbewahrung von maximal 50 Gramm Cannabis. Außerdem sind sogenannte nicht-kommerzielle Anbauvereinigungen mit bis zu 500 Mitgliedern erlaubt.
Das Gesetz wurde im Zuge der Bemühungen der Ampel-Koalition (SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP) zur Entkriminalisierung und Regulierung des Cannabiskonsums beschlossen. Es verfolgt unter anderem das Ziel, den Schwarzmarkt einzudämmen, den Jugendschutz zu verbessern sowie Aufklärung und Prävention zu stärken.
Gültige Einschränkungen und Regelungen
Wesentlich ist, dass der Zugang zu Cannabis weiterhin streng reglementiert ist. Für Minderjährige bleibt der Besitz und Konsum verboten. Der Verkauf im öffentlichen Raum oder über kommerzielle Geschäfte ist bislang nicht vorgesehen – ebenso wenig wie eine flächendeckende Lizenzierung von Verkaufsstellen. Der Konsum im öffentlichen Raum ist in der Nähe von Schulen, Kindergärten, Spielplätzen oder Sportstätten verboten. Die Umsetzung dieser Regeln wird durch Ordnungsämter und Polizei kontrolliert.

Positionen der Parteien zur Cannabis-Politik
Union fordert Überprüfung, aber keine sofortige Rücknahme
Im Rahmen der aktuellen Koalitionsverhandlungen haben CDU, CSU und SPD beschlossen, die sogenannte „ergebnisoffene Evaluierung“ des Cannabisgesetzes im Herbst 2025 abzuwarten. Eine direkte Rücknahme der Regelungen wurde dabei jedoch nicht beschlossen. In dem gemeinsamen Koalitionsdokument heißt es konkret: „Im Herbst 2025 führen wir eine ergebnisoffene Evaluierung des Gesetzes zur Legalisierung von Cannabis durch.“
Die Union hatte im Vorfeld der Wahlen wiederholt geäußert, das von der Ampel-Koalition verabschiedete Gesetz zurücknehmen zu wollen. Diese Forderung fand sich auch im Wahlprogramm von CDU und CSU wieder. Eine sofortige Kehrtwende ist jedoch offenbar derzeit nicht vorgesehen. Die Entscheidung, zunächst die Evaluierung abzuwarten, deutet darauf hin, dass sich die Parteien eine gewisse Flexibilität erhalten wollen, ohne den aktuellen Rechtsrahmen vorschnell infrage zu stellen.
SPD bleibt bei moderatem Kurs
Die SPD steht weiterhin zur beschlossenen Gesetzeslage. Zwar sei man offen für eine Überprüfung und Nachbesserung auf Basis valider Daten und Erkenntnisse, jedoch lehnt die Partei eine Rückabwicklung des Gesetzes ohne fundierte Grundlage ab. Das Vorgehen im Koalitionsvertrag wird als sachlich und pragmatisch bewertet. Es gehe darum, die Wirkung des Gesetzes sorgfältig zu analysieren und auf dieser Basis gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.
Um die Auswirkungen der Legalisierung zu untersuchen, hat das Bundesgesundheitsministerium eine Evaluation in Auftrag gegeben. Daran beteiligt sind das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und die Eberhard Karls Universität in Tübingen. Das Projekt soll bis 2028 laufen. Inzwischen ist eine erste vorsichtige Bilanz möglich.
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/cannabis-teillegalisierung-deutschland-gesetz-bilanz-100.html
Evaluierung im Herbst 2025: Zielsetzung und Bedeutung
Was soll überprüft werden?
Die Evaluierung im Herbst 2025 ist bereits im ursprünglichen Gesetz zur Cannabisregulierung verankert. Sie stellt einen zentralen Bestandteil der gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen dar, um die Wirksamkeit, Sicherheit und gesellschaftlichen Auswirkungen der Reform zu beurteilen. Untersucht werden sollen unter anderem:
Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit
Entwicklung der Kriminalitätsstatistiken im Zusammenhang mit Cannabis
Veränderungen im Konsumverhalten Jugendlicher und Erwachsener
Effekte auf den Schwarzmarkt und illegalen Handel
Erfahrungen mit Anbauvereinigungen und Eigenanbau
Chancen für Nachbesserungen
Die ergebnisoffene Natur der Evaluierung lässt sowohl Verschärfungen als auch Lockerungen zu. Sollte sich herausstellen, dass der Schwarzmarkt weiterhin floriert oder der Jugendschutz nicht ausreicht, könnten restriktivere Maßnahmen eingeführt werden. Auf der anderen Seite könnte eine positive Bilanz neue Möglichkeiten eröffnen – etwa die Einführung lizenzierter Fachgeschäfte oder ein überarbeitetes Modell für die kommerzielle Abgabe von Cannabisprodukten unter staatlicher Kontrolle.
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Aktuelle Datenlage: Erste Effekte des Gesetzes sichtbar
Rückgang bei bestimmten Delikten
Bereits wenige Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes zeichnen sich erste Veränderungen in den Kriminalitätsstatistiken ab. In mehreren Bundesländern ist ein Rückgang von Anzeigen im Zusammenhang mit Cannabisbesitz bei Erwachsenen festzustellen. Dies betrifft insbesondere jene Fälle, die vor der Gesetzesänderung routinemäßig verfolgt wurden, obwohl es sich um geringe Mengen handelte. Die Entlastung von Polizei und Justiz wird bereits von mehreren Landesbehörden als positiver Effekt benannt.
Reaktionen aus der Praxis
Zahlreiche Fachleute aus den Bereichen Suchtberatung, Strafverfolgung und Prävention begrüßen die Entkriminalisierung und fordern nun eine konsequente Begleitung durch Aufklärungs- und Bildungsangebote. Auch innerhalb der medizinischen und juristischen Fachwelt wird zunehmend die Auffassung vertreten, dass eine Regulierung auf Grundlage von Evidenz und nicht auf Basis ideologischer Überzeugungen erfolgen sollte.
Perspektiven: Fachgeschäfte als mögliche Weiterentwicklung
Lizenzierte Abgabestellen als realistisches Szenario
Ein zentrales Element, das im aktuellen Gesetz fehlt und von vielen Experten als essenziell für eine erfolgreiche Cannabisregulierung angesehen wird, ist die kontrollierte Abgabe über staatlich lizenzierte Fachgeschäfte. In Ländern wie Kanada oder bestimmten Bundesstaaten der USA hat sich gezeigt, dass regulierte Verkaufsstellen zur Reduktion des Schwarzmarkts beitragen können und gleichzeitig höhere Qualitäts- und Sicherheitsstandards gewährleisten.
Ob ein solches Modell in Deutschland umgesetzt werden kann, hängt maßgeblich von den Ergebnissen der Evaluierung und weiteren Komponenten ab. Sollte sich zeigen, dass Anbauvereinigungen und Eigenanbau nicht ausreichen, um die Nachfrage zu decken und gleichzeitig den illegalen Handel zurückzudrängen, könnte die Einführung von Fachgeschäften als nächste logische Stufe der Regulierung folgen.
Gesellschaftlicher Diskurs und politische Verantwortung
Die Evaluierung im Jahr 2025 wird nicht nur eine technische Prüfung, sondern auch ein politischer Gradmesser für die Akzeptanz der Cannabislegalisierung in der Bevölkerung sein. Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft sind gleichermaßen gefordert, die Debatte sachlich zu führen und dabei sowohl gesundheitliche als auch gesellschaftliche Aspekte zu berücksichtigen.
Fazit: Kurs beibehalten – mit offenem Blick auf die Daten
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass derzeit keine Rücknahme des Cannabisgesetzes geplant ist. Union und SPD setzen auf eine ergebnisoffene Evaluierung im Herbst 2025, die Aufschluss über die Auswirkungen des Gesetzes liefern soll. Bereits jetzt zeigen erste Daten, dass die Reform Wirkung zeigt – etwa durch sinkende Anzeigenzahlen und eine Entlastung des Justizsystems.
Entscheidend wird sein, ob die Politik ihre Zusage zur faktenbasierten Analyse einhält. Sollte die Auswertung im Jahr 2025 positive Ergebnisse liefern, wäre es konsequent, das Gesetz weiterzuentwickeln – beispielsweise durch die Einführung kontrollierter Abgabestellen oder eine präzisere Regulierung von Anbauvereinigungen.
Der politische Umgang mit der Evaluierung wird zeigen, ob Deutschland bereit ist, langfristig eine moderne und wirksame Drogenpolitik zu etablieren – orientiert an Gesundheitsschutz, Jugendschutz und gesellschaftlicher Realität.
Quelle: https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag_2025.pdf
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Autor und Bild: Canna-Chad Gregor Paul Thiele
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